Odin, ein Krieger kommt!
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Ich werde reiten auf Odin’s Pferd,
begleitet von seinen Raben.
Werd’ sein gerüstet mit meinem Schwert;
- werd’ den Ger auch mit mir haben!
*
Ich bin ein Germane und Krieger
und freue mich schon auf’s Gefecht.
Wenn wieder wir bleiben die Sieger,
so wird’s dem Feind ergehen schlecht!
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Aus ihren Schädeln wir dann trinken
gar süßen Met und starkes Bier.
Jungfrau’n vor Freude werden winken,
wenn wieder heimgekommen wir.
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Ein Feuer werden wir entfachen;
besingen uns’re Heldentat.
Wir werden trinken – werden lachen;
- wie Odin selbst es einstens tat!
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Doch eines Tag’s ich werd’ verlieren
den Kampf – doch werd nicht traurig sein.
Ich werd’ dann kehr’n mit Odin’s Tieren
an seiner Siegestafel ein.
*
*
Ich werd’ dann reiten auf Odin’s Pferd,
begleitet von seinen Raben.
Ich werde fühlen mich unbeschwert;
- teil an Odin’s Runde haben.
*
Die alten Freunde treff’ dann wieder,
welch’ gefallen wie ich im Streit.
Werden singen die alten Lieder;
- zum Trinken immer sein bereit!
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Denn wir sind Germanen und Krieger
und unser Leben ist das Schwert!
Wie’s auch endet – wir sind die Sieger
- und werden selbst vom Feind geehrt !
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„Odin, schicke mir Deine Raben!
Odin, sende mir auch Dein Pferd!“
- So werd' ich rufen, um zu haben
auf letzter Reis’ meine Gefährt’...
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Zu Deiner Tafel sie mich leiten,
wo ich Dich werd’ begrüßen dann.
Ein Festmahl wirst für mich bereiten,
wie’s nur bei Dir ein’s geben kann...
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„Oh Odin, ein Krieger kommt zu Dir!“
- So wird lauten mein letztes Wort.
Dann wirst Du senden Dein edles Tier,
welch’ bringt mich von der Erde fort!
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Dann werd’ ich reiten auf Odin’s Pferd,
begleitet von seinen Raben.
Gestorben werd’ sein ich durch das Schwert;
- wer könnt Besseres wohl haben?
*
Mein eigenes Ross wird folgen mir
und wieder sein für mich bereit.
- Denn brauchen werd’ ich das edle Tier,
zu messen uns im Freundes–Streit...
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Denn wir sind Germanen und Krieger
und unser Leben ist der Kampf;
- und stets wir werden bleiben Sieger.
- Den Feind man in den Boden stampf’!!
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Wir werden feiern – werden kämpfen;
- wir tun es hier – wir tun es dort.
Nichts wird unsere Freude dämpfen;
- an diesem wie an jenem Ort!
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Die tapferen Feinde wir ehren;
den Feigen doch verachten wir.
Uns ewige Treue wir schwören;
- dies gilt für uns und unser Tier.
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Denn wir sind Germanen und ehrlich;
der Lüge Freunde wir nicht sind.
Dem Feind im Streit wir sind gefährlich;
- doch wahrheitsliebend wie ein Kind!
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Mut wir lieben – und hassen Verrat;
dem Gaste wir Obdach gewähren.
Ein Kind, das keine Eltern mehr hat,
werden wir bei uns ernähren.
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Die Pferde sind unsere Brüder;
- gemeinsam im Kampf wir sterben.
Bei Odin wir sehen uns wieder;
- für uns gibt es kein Verderben.
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Ja, wir sind Germanen und streiten,
denn dieses ist unser Leben.
So wird es sein für alle Zeiten;
- nicht den Frieden wir erstreben...
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Wer im Kampf das Leben gelassen
und sich gezeigt als rechter Mann,
nur er bei Odin vorgelassen;
- auf dass er ewig kämpfen kann!
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D’rum, Odin, schick’ mir Deine Raben;
- und tue dieses doch sehr bald.
Ich möchte das Vergnügen haben,
bevor ich werde grau und alt.
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- Wir nied’re Arbeit nicht verrichten;
nur zum Kampf wir sind geboren.
Die Feinde mutig wir vernichten;
- wer kommt zu nah, ist verloren...!
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Auch lieben wir nicht den Alterstod;
er gilt uns als eine Schande.
Der, Dessen Sterben durch Blut nicht rot,
bei Odin wird steh’n am Rande!
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Denn wir sind die stolzen Germanen,
die um ihr Leben bitten nicht.
Wir sind Herren – nicht Untertanen;
- nicht scheuen wir das Tageslicht!
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Wann werd’ ich sprechen diese Worte,
wie’s nur einem Germanen frommt?
Wann werd’ ich geh’n von diesem Orte,
rufend: „Odin, ein Krieger kommt!“?
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Sehnsucht hab’ ich nach Odin’s Runde;
sehen möchte ich Wieland’s Schwert.
Dessen Kunst ist in Aller Munde;
- kein Schmied wie er auf dieser Erd’....!
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Wir streiten über Kleinigkeiten;
doch bleibt der Anlass für uns gleich.
- Das Schwert soll uns den Weg bereiten,
zu geh’n in Odin’s Krieger-Reich!
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Ich werde reiten auf Odin’s Pferd,
begleitet von seinen Raben.
Ich werde verlassen diese Erd’,
- Platz an Odin’s Tafel haben..!
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Im Winter herrscht hier Langeweile;
- mein Bärenfell wird mir zu schwer.
D’rum möcht’ich weg von hier in Eile;
- die Sehnsucht drückt mich allzusehr.
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„O Odin, schicke mir Deine Raben!
Odin, sende mir auch Dein Pferd!“
Schon bald will ich zu ihm hin traben,
wo leben ist des Leben’s wert...
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Werd’ haben dort, was das Herz begehrt;
kann kämpfen dann ohne Ende.
Nichts wird es geben, das mich beschwert;
- Bier wie Wasser dann verwende!
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Schon morgen ziehe ich in den Krieg;
- vielleicht wird’s dann zu Ende sein.
Ich werde kämpfen für uns’ren Sieg;
- ob’s gelingt, weiß Odin allein.
* * *
Kriegsrufe tönen – und Hörnerklang;
ich stürze mich in’s Getümmel.
Der Tag wird schwer – dieser Tag wird lang;
- Lärm und blutiges Gewimmel!
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Ich schwinge das Schwert – ich werf’ den Ger;
- ich hör’ die Schreie der Feinde.
Der Schwertarm fast gehorcht mir nicht mehr
inmitten der Kriegsgemeinde.
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Bei Tagesend’ ertönt das Signal;
ich leb’ und hab’ keine Wunden.
Morgen wir werden kämpfen nochmal;
- nochmal wir werden geschunden!
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Die Walstatt ist gerötet vom Blut;
- der Unser’n und dem der Ander’n.
Die Kameraden all' kämpften gut;
- doch viel’ zu Odin nun wandern....
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Aus vielen Kehlen der Todesruf:
„Odin, ein Krieger kommt zu Dir!
Schick’ Dein Pferd mit dem goldenen Huf
und öffne für mich Deine Tür!“
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-„Odin, schicke mir Deine Raben!
Odin, sende mir auch Dein Pferd!“
Werde morgen auch Glück ich haben;
- oder wird’s mir erneut verwehrt?
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Es ist die Sehnsucht der Germanen,
zu ziehen ein in Odin’s Reich.
Das Glück dort lässt sich schwer erahnen;
man lebt dort wohl den Göttern gleich...
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Gepflegt der Kameraden Wunden,
getrunken von dem süßen Wein.
So werden schneller sie gesunden;
- wer wird morgen der Sieger sein..?
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Nach kurzer Nacht – im Morgengrauen
wir zu unser’n Waffen eilen.
Zurück im Lager uns’re Frauen.
- Müßig nicht Zuhaus’ sie weilen.
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Und wieder – wie am ersten Tage –
Waffenklirren und Hörnerklang.
Und über allem steht die Frage,
wem heute wohl der Sieg gelang.
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Ich ehre den Feind, der mutig kämpft
und standhaft nicht weichet zurück.
Der nicht dieses Kampfgeschehen dämpft;
- der weiß, dies ist der Weg zum Glück.
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Den Feigen jedoch ich verachte;
- ist meines Schwertes würdig nicht.
Mit Knüppeln besser man ihn schlachte;
- wird sehen niemals Odin’s Licht!
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Vergessen ist nun all’Müdigkeit;
ich kämpfe mit ganzem Herzen.
Überwinde jede Schwierigkeit;
- aufgelegt sogar zu Scherzen...
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Heut’ ist der Tag! Dies muss es wohl sein!
Werd’ zu Odin heut’gelangen!!
Somit dann der Sieg wird zweifach mein;
- bin hinied’ nicht mehr gefangen...
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Fünf Feind’ bereits ich hab’ erschlagen,
bevor das Horn zur Labe ruft.
Verletzte sind vom Feld getragen;
- Todesgeschrei erfüllt die Luft!
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Nachdem gestärkt sich beide Seiten
und sich gelegt zu kurzer Ruh’;
zurück auf’s Feld – erneut zum Streiten.
Mit Macht die Schwerter schlagen zu!
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Zwei weitere Gegner ich erschlug,
bevor ich selbst getroffen ward.
Doch meine Wunde ist nicht genug
für meine allerletzte Fahrt....
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Ich kämpfe weiter – es strömt das Blut;
ich wüt’ wie in einem Rausche.
Erneut ich treff’ einen Gegner gut;
- auf daß die Welten er tausche...
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Und wieder,- erneut,- ich zähl’ nicht mehr;
mein Schwert kämpft scheinbar alleine.
Die Gegner bedrängen mich nun sehr;
- der Wunden nicht mehr nur eine.
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Die Kraft versiegt – ich es wohl fühle
und kalt wird mir in den Beinen.
Es ist des Todes leere Kühle;
- bald trink’ ich von Odin’s Weinen...!
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Mit letzter Kraft ich richte mich auf;
- mein Schwert macht singend die Runde.
Drei Köpfe rollen – ich acht’ nicht d’rauf;
- einer folgt – mit off’nem Munde...
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„Odin, schicke mir Deine Raben!
Odin, sende mir auch Dein Pferd!
Ein Krieger kommt! – Willst Du ihn haben?!
- Dann schick’ Dein Roß nun auf die Erd’!
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Bei diesem meinem letzten Rufe
ein’ eisern’ Faust fasst an mein Herz.
Ich hör’ schon Odin’s Pferdes Hufe;
- die Welt um mich versinkt im Schmerz......
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