Götterspiel
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Einst saßen wir Götter beim Spiele;
verspürten doch nur Langeweil’
Abwechslungen gab es nicht viele;
- verbraucht auch längst schon Amors Pfeil’ ...
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„Wie gut es doch die Menschen haben;
- kennen sie ja ihr Schicksal nicht.
An Hoffnung können sie sich laben;
- ihr Leben scheint wie ein Gedicht.“
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Ich war es, der jene Worte sprach,
in dieser so müden Runde
und damit das Schweigen unterbrach.
- Man staunte mit off’nem Munde.
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„Wie kommst du nur auf solch’ Gedanken;
ich zweifle, dass sich’s so verhält.
Die Menschen haben ihre Schranken;
- gewiss es ihnen nicht gefällt !“
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So wollte Einer widersprechen,
der andrer Meinung war als ich.
„Mensch zu sein , würd’ das Herz mir brechen;
- ich denke, es wär’ fürchterlich !“
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Vergessen nun von Allen das Spiel;
- Jeder wollt’sein’ Meinung sagen.
„Von Menschen halte ich nicht sehr viel!“
„Menschen schweres Los ertragen ..“
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„Nein,nein ! – Es würd’ mich int’ressieren,
wie’s menschlich’ Leben so verläuft.
So Vieles kann ihnen passieren;
- vor Kummer Mancher sich besäuft ..!“
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„Was du nicht sagst ! – Ich trink’ aus Freude;
- sollt’ sich’s wirklich so verhalten ?
Wir kennen wenig doch die Leute;
- wie sie walten oder schalten.“
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„Langweil’ sie haben sicher keine,“
so stimmte mir ein Weit’rer zu,
„durch’s Leben müssen sie alleine
und kennen weder Rast noch Ruh’.“
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„Nehmen könnt’ man die menschlich’ Gestalt
und wandeln so auf Erden dann.
So würd’ man erfahren schon sehr bald,
ob Menschsein Gutes haben kann.“
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„Ein Spiel ! – Ein Spiel sollte es werden,“
rief Jemand voll Begeisterung,
„Einer von uns wandert auf Erden ,
ohn' jedwelche Erinnerung !“
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Es wurde still in uns’rem Kreise;
ein Jeder dachte nach für sich.
Wer würde geh’n auf solche Reise?
- Das Los letztendlich fiel auf mich..!
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Zuvor die Regeln wurden erstellt;
- dies dauerte geraume Weil’.
Sollte ich doch in der Menschenwelt
suchen nunmehr mein eigen Heil ...
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Geboren ich sollte werden dort;
- vergessen mein’ Vergangenheit.
Nicht durfte ich gehen eher fort,
bis gekommen die richtig’ Zeit ...!
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Gar alles wurde aufgeschrieben
in meinem `Lebens–Regelwerk ́.
Ich durft’ nicht handeln nach Belieben;
- verlor’n sollt’ sein die Götterstärk’.
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Menschlich’ Geburt ich würde nehmen,
sollt’ haben meine Lebensspann’.
Nicht zum Müßiggang mich bequemen,
da ich hätt’ eine Aufgab’ dann ...
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Worin die Aufgab’ denn bestünde,
durfte ich wissen nicht zuvor.
Führt’ ich ein Leben ohne Sünde,
- das Wissen käm’ von selbst hervor,
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„Harte Regeln ihr habt erstellet;
- ich fürchte fast, es wird zu schwer.
Wenn nicht ein Zufall mich erhellet,
erinner’ ich mich niemals mehr...
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Die Worte sprach ich resignierend,
- der schwier’gen Aufgab’ eingedenk.
Mein früh’re Rede so negierend;
nicht war’s für mich mehr ein Geschenk...
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Zwei Dinge nur man mir zugestand ,
die selber ich durfte wählen:
Dies war die Zeit sowie auch das Land,
wo sollt’ mich das Leben quälen ...
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Sie gaben mir Zeit drei Tage lang,
das Ganze zu überdenken.
- Danach, mit erneutem Überschwang,
wollt’ ich mein Geschick schon lenken.
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Die Neugier hatte überwogen;
- der Drang zum Abenteuer groß.
Hatt’ doch das Große Los gezogen;
- fiel einfach so in meinen Schoß ..!
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- Ich wollt’ leben im Land am Rhein;
- getroffen hatte ich die Wahl.
Ein Germane würde ich sein,
in einem wunderschönen Tal ...
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Ich trug es vor- es wurd’ beschlossen.
- Geburt ich würde nehmen dort,
wo edle Menschen unverdrossen
kämpften um ihren schönen Ort ...
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Beim Abschiedstrunk wir endlich saßen;
- die letzte Rund’ für lange Zeit.
Alte Tage wir nicht vergaßen;
- auch zum Scherzen waren bereit .
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- Dann wurd’ es Zeit für mich, zu gehen;
- verlassen meine Freunde all’.
Wann würde ich sie wiedersehen ?
- Die Feier nun ein Trauerfall...
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Nicht leicht die Kindheit mir geworden;
- erzogen wurd’ ich äußerst hart.
Im Streite wir mit Römerhorden;
- nicht blieben Opfer uns erspart ...
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Ich wollte durch die Wälder streifen,
im Spiel mit einem hölzern’ Schwert.
Verbote konnt’ ich nicht begreifen;
- noch war mein’ Welt zu unbeschwert.
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Erwachs’ne sollten uns begleiten;
doch wollten wir alleine sein.
Im Spiele miteinander streiten.
Es hieß : „Dafür seid ihr zu klein !“
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Ält’re Geschwister hatt’ ich keine;
- Nicht erwünscht Kontakt mit Allen.
So blieb ich öfters denn alleine;
- irgendwann wollt’s so gefallen ...
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Die Jugend bracht’ den Ernst des Leben’s;
- nicht fühlte ich mich mehr Daheim.
Die Römerfeindschaft schien vergebens;
- manch Einer liebt’ sie – insgeheim ...
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Gar überall gab es Verräter:
- die eig’nen Reihen – sicher nicht.
So Mancher dachte nicht an später;
- wenn hielten wir für ihn Gericht ..!
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Tote beklagten beide Seiten;
die Römer ebenso wie wir.
Warum nur mussten wir so streiten;
- warum die Fremden waren hier ..?
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Sie waren gekommen ohne Grund;
- Probleme gab’s Zuhause nicht.
Das römische Land – es war gesund;
- darüber hatten wir Bericht.
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Befestigungen sie errichtet,
mit Türmen – all’s zu überschau’n.
Sie wurden überall gesichtet;
- wir fürchteten um uns’re Frau’n.
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Auf uns’res Flusses and’rer Seite
ein Dorf sie hatten sich erbaut.
Dorthin sie floh’n nach jedem Streite;
- nach dort wir uns noch nicht getraut.
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Die Siedlung hatten sie geschützet
mit Palisaden – mannesstark.
Uns’re Wälder dafür benützet;
- geschädiget der Heimat Mark ...
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- Sie schlugen uns auf offenem Feld,
darum sie rodeten den Wald.
Denn dort der Sieg war für uns bestellt:
- dies hatten wir gelernt schon bald.
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Klein von Gestalt die Römer waren;
- im Kampf sie zeigten Disziplin.
Sie hatten manchen Sieg erfahren,
doch hier ihr Eifer war dahin.
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Ihre Grenze war des Waldes Saum.
Ihn mußten sie respektieren.
Gefahrvoll schien ihnen jeder Baum;
- wollt’ sie scheinbar drangsalieren..!
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Ihr Dorf mich brennend int’ressierte.
Bislang ich kannt’ es nur von fern’.
Wollt’ wissen,was dort wohl passierte;
- wollt’ lernen über sie sehr gern’.
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Fremdartig waren ihre Bauten;
- nicht eingebettet in die Erd’.
Weit in die Höhe sie doch schauten;
- Platz bietend wohl gar einem Pferd.
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Ich übt’ mich täglich mit dem Speere;
- auch meine Axt war stets dabei.
Wir würden’s zeigen diesem Heere !
Einmal wir wieder wären frei...
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- - Ein Ruf erscholl in uns’rem Lande
und ward gehört allüberall:
„Hinfort nun mit derRömerbande;
- organisiert den Überfall !!“
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Herangereifet war ich nunmehr
und galt bei uns als voller Mann.
Der Römer Treiben mißfiel mir sehr;
- im Kampf ich zeigt’ dies dann und wann.
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Zum Widerstand sich Gruppen trafen,
im Walde – an geheimem Ort.
Wir wollten reden, essen, schlafen;
-- „Wie jagen wir die Feinde fort ..?!“
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- Einer der Führer ich geworden,
dank meines Geist’s und Waffenkunst.
-Besiegen würden wir die Horden,
wenn fänden wir der Götter Gunst.
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Das Römerdorf – längst ausgespähet,
war stark befestigt und bewacht.
Ich wußte, dass kein Weg bestehet,
es einzunehmen – selbst bei Nacht ...
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„Das große Dorf muß Hunger leiden;
kein Proviant darf kommen her.
Wir müssen alle Weg’ abschneiden,“
ließ ich vernehmen mich nunmehr.
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„Wo willst du all’ die Leut’ hernehmen ?
Es scheint mir ein’ unmöglich’ Sach’,
dass soviel Männer sich bequemen,
den Feind zu halten so in Schach.“
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„Wir brauchen sie nicht bei Nacht und Tag;
- Späher sollen stetig wachen.
Berichten uns, wer da kommen mag;
- das restlich’ wir dann schon machen...“
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Der Plan schien gut – er Zustimmung fand;
- man wollte sich an ihn halten.
Bald wär’ man allein’im eig’nen Land
und würd’ es selber verwalten.
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Das Römerdorf war gewaltig groß,
denn stetig wurd’ es erweitert.
Gelang mein Plan, so läge es bloß
und wäre somit gescheitert.
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Zur Tat wir unverzüglich schritten;
- ein Ring ward um das Dorf gestellt.
Mit Händlern handgreiflich wir stritten,
bei Denen Dinge war’n bestellt.